Wie entstand Oversampling?
In Prospekten der Hersteller aus den 80-er Jahren liest man häufig, dass Oversampling aus technischen Gründen notwendig war und zudem die Klangqualität steigere. Aber wie entstand es wirklich?Es war Zufall. Ohne den hätte die Geschichte des CD-Standards theoretisch ganz anders ausgehen können. Schon sehr früh hatte die britische BBC-Rundfunkanstalt eine Digital-Analog-Wandlung mit 13 Bit propagiert. Philips entwickelte bereits in den 70-er Jahren eine digitale Bildschallplatte, die aber erfolglos blieb. Die Geräte waren viel zu teuer, nur 400 Stück wurden verkauft, die Niederländer stellten die Produktion rasch wieder ein. Aber immerhin - das Know how aus diesem Bildplattenspieler floss bei Philips in einen Digital-Analogwandler mit 14 Bit für Audiozwecke ein. Dann kam Sony als Partner für die CD-Einführung ins Spiel. Die Japaner empfahlen einen 16-Bit-Standard. Nach einigem Hin und Her einigten sich Philips und Sony schließlich auf den Digital-Standard von 16 Bit und 44,1kHz.

Aber Philips hatte gar keinen fertigen 16-Bit-Wandler. Was tun? Die Markteinführung der CD-Technik verzögern? Niemand kennt die Hintergründe solcher Geschichten besser als die Leute, die damals beteiligt waren. Kees A. Schouhamer Immink war Mitentwickler dieses ersten CD-Spielers von Philips, dem CD 100. Die Entstehung des Oversamplings schilderte er in einem Bericht, hier aus dem Englischen übersetzt: "Wir bei Philips argumentierten, dass es unmöglich sei, in kurzer Zeit den fertigen 14-Bit-Wandler auf 16 Bit umzukonstruieren. Aber mein Kollege Karel Dijkmans meinte: Kein Problem, ich kenne einen kleinen Trick, um unseren 14-Bit-Konverter in einen mit 16 Bit zu verwandeln. Der Trick heißt Oversampling. Das Marketing wird dann aus der Not die Tugend machen.
Je stärker die Baudichte in der weiteren Entwicklung der Chips wuchs, je mehr Funktionen implementiert wurden, desto mehr schwanden die Chancen, die einmal eingeschlagene, falsche Richtung korrigieren zu können. Heute gibt es kaum noch Wandlerchips, die auf eingebautes Oversampling und komplette Ausgangsstufen einfachster Machart verzichten. Diese Wandler ermöglichen es zwar, Millionen kleiner Handys und MP3-Spieler billigst zu produzieren. Vom Ideal naturgetreuer Wiedergabe entfernen sie sich zunehmend. Somit haben sie in einem hochwertigen Musik-Wiedergabegerät nichts zu suchen. Das Dilemma der Entwickler ist heute, dass sie nicht mehr auf andere Chips zurückgreifen können.